Herr Raphael Kromer, wie geht es Ihnen und vor welchen beruflichen Herausforderungen stehen Sie aktuell?

Mir geht es gut, weil meine Liebsten und ich gesund sind. Vor allem wenn man im näheren Umfeld von Todesfällen erfährt, dann spielt alles andere eine untergeordnete Rolle.

Beruflich sehe ich die Herausforderung für uns erst später kommen: Wir leben überwiegend vom Projektgeschäft und die schon angelaufenen Projekte laufen problemlos weiter. Allerdings werden die Projektbudgets sicherlich bis mindestens Ende des Jahres stark gekürzt, sodass noch ein harter Brocken auf uns zukommt.

Und welche Auswirkungen hat diese Krise konkret auf das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?

Unser Geschäftsmodell funktioniert auch mit Corona ganz gut, allerdings sehe ich die kommenden Budgetkürzungen als kritisch an. Da wir zusätzlich eine App für Kommunen anbieten und hier laufend Umsätze erzielt werden, können wir das teilweise kompensieren.

Und wir haben auch neues Geschäft aufgebaut: Bereits Ende Dezember haben wir erkannt, dass wir in den kommenden Monaten ein Problem mit Schutzausstattung haben werden, was sich dann im Januar bestätigte: Keiner der großen Hersteller aus Europa und USA konnte liefern. Wir haben dann schnell begonnen, ein sehr gutes Zuliefernetzwerk aufzubauen und ab Februar viele neue Kunden mit Schutzausstattung beliefert. Unsere durchschnittliche Lieferzeit lag im Februar bei ca. 5 Tagen, worauf wir sehr stolz sind. Ab Juni werden wir sogar selbst zum Produzenten von Masken - mithilfe meiner Eltern, die über 50 Jahre Erfahrung aus der Textilbranche mitbringen. Leider hatten in dieser Krise nicht alle so viel Glück wie wir, deswegen wollen wir etwas zurückgeben: In Zusammenarbeit mit Prof. Schmäh von der ESB Reutlingen haben wir jeweils 1000 OP-Masken an Flüchtlinge in Gönningen und an die Ssanyu Medical Facility in Masaka / Uganda gespendet.

Damit das Business momentan überhaupt funktionieren kann, sind wir mehrheitlich auf das Homeoffice angewiesen. Was sind Ihre praktischen Tipps oder auch Learnings?

Ganz persönliches Learning: Keine Kartons für OP-Munschutz durch die Gegend tragen, weil die Nachbarn dann Hamsterkäufe vermuten... ;) Und grundsätzlich: Nach Möglichkeit Arbeit und Privates räumlich trennen, und regelmäßige Pausen einplanen.

Sie brachten vorhin positive Effekte für Ihr Geschäftsmodell an. Gibt es weitere Chancen, die Sie in der Krise sehen?

Ich hoffe, dass die Menschen wieder mehr aufeinander achten: Gerade in einer Großstadt habe ich das Gefühl, dass sich viele gar nicht mehr Ihres Umfelds bzw. auch deren Sorgen und Nöte bewusst sind.

Ebenfalls positiv ist, dass viele mittelständische Unternehmen aus eher konservativen Branchen plötzlich erkannt haben, dass Digitalisierung auch Arbeitserleichterung bedeuten kann und sie teilweise sogar ihr Geschäftsmodell in Frage gestellt haben. Eine Freundin von mir musste in ihrem beruflichen Umfeld bis dato noch nie eine Videokonferenz abhalten. Das konnte ich fast nicht glauben. Aber die Krise hat uns auch gezeigt, dass es eben nicht komplett ohne soziale Kontakte funktioniert. Der Mensch ist und bleibt ein soziales Wesen. Digitalisierung hin oder her. Und das sage ich, obwohl ich ein Befürworter von mehr Digitalisierung bin.

Vecara GmbH - Markt- und Unternehmensforschung

Herr Tomasi Usojan, wie geht es Ihnen? Und vor welchen beruflichen Herausforderungen stehen Sie aktuell?

Gesundheitlich geht es meinen Mitarbeitern und mir sehr gut; der veränderte Alltag schafft für mich morgens zum Beispiel mehr Freiraum für Sport. Die größte Herausforderung zu Beginn der Krise war es, die Manufaktur am Leben zu erhalten: Dahinter stehen Menschen, die eine einzigartige Handwerkskunst beherrschen; durch einen Wegfall würden wir wertvolles Wissen verlieren. Aber diese Situation haben wir in den Griff bekommen bzw. konnten die Einbrüche etwas eindämmen: Durch staatliche Hilfen und eine schnelle Umstellung der Produktion von hochwertigen Lederwaren auf Mund- und Nasenmasken.

Welche Auswirkungen hat Corona auf das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens?

Gücklicherweise sind wir weit weg von "Fast Fashion", wir betreiben kein Offshoring und uns trifft das Problem großer Vorproduktionen und Lagerung nicht. Unsere Entscheidungs- und Handlungswege sind sehr kurz, wodurch wir rasch auf Veränderungen reagieren können. Was unsere Onlinekäufe betrifft, so sind die Verkaufszahlen allerdings ähnlich wie bei vielen anderen Unternehmen deutlich gesunken. Das wird sich nach Corona aber schnell wieder erholen.
 

Von den Schwierigkeiten hin zu den Chancen: Was nehmen Sie dieser Tage als positiv wahr?

Die Geschwindigkeit hat deutlich abgenommen, was uns die Chance gibt, Unternehmensziele zu überdenken bzw. zu überprüfen. Aus meiner Sicht gilt es mit kleinen Schritten kontinuierlich zu wachsen, die Nachhaltigkeit und die Gesundheit des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen und auf dieser Basis aufzubauen.

Zudem kehren wir in der aktuellen Krise an unseren Ursprung zurück, haben mehr Kontakt zur Natur, zur Familie und zu uns selbst. Diese Dinge sind neue Inspirationsquellen, die uns für die Entwicklung der nächsten Designs als Ideenquelle zur Verfügung stehen. Wir nutzen also die ruhigere Zeit für das Entwerfen neuer Kollektionen, für einen Blick in die Zukunft unserer Branche und in die Trends von morgen, sodass wir für den Restart gewappnet sind.

Und zum Schluss noch die Frage, welchen praktischen Tipp Sie fürs Homeoffice haben?

Da wir sowieso dezentral arbeiten, ist das Homeoffice für uns etwas ganz normales. Wir kommunizieren überwiegend über Facetime, Massenger, E-mail oder das gute alte Telefon. Gute Kommunikationsprozesse sind hierbei das A und O. Außerdem haben wir für uns gelernt, dass feste Arbeitszeiten mit der entsprechenden Präsenz ebenso wichtig sind wie regelmäßihe Pausen und Zeit an der frischen Luft.

VAMENIA - Handmade in Germany